Geschichte der Bibliothek
Am Anfang stand privates Engagement. In Freiberg gab es vor 1876 nur wenige zaghafte Versuche zur Errichtung einer gemeinnützigen Bibliothek. Die Buchhandlung Craz beispielsweise unterhielt zusätzlich 3 Lesegesellschaften, 1 Zeitschriftenzirkel und 1 Leihbücherei.
Der Lehrer und Konrektor des Gymnasiums Daniel Gotthold Hübler legte 1773 einen „Entwurf zur Errichtung einer gemeinnützigen Bibliothek bey hiesiger Stadt Freyberg“ vor. Diese Bibliothek sollte hauptsächlich der Unterhaltung und Ergötzung ihrer Leser dienen. Verwirklicht wurde dieser Plan nie.
In den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts entwickelten sich die Lesegesellschaften und die Leihbücherei von Craz weiter, bis hin zu der ab 1803 rekonstruierten, wesentlich verbesserten „Verleihbibliothek“. Seit Ende des 18. Jahrhunderts entstanden in Freiberg weitere private Leihbüchereien.
Im 19. Jahrhundert richteten mehrere Freiberger Vereine Bibliotheken ein, u.a. die Freimaurerloge, der Landwirtschaftliche Verein, der Wissenschaftliche Verein, der Bergmännische Verein und der Gewerbeverein. Diese Bibliotheken dienten den Vereinszielen und der Bildung der Mitglieder. Bedeutende bürgerliche Vereinsbibliotheken waren die des Gewerbevereins und die des Freiberger Altertumsvereins.
Hartnäckigkeit wird belohnt
Karl Benjamin Preusker, ein Vorreiter der Städtischen Bibliotheken in Sachsen, hatte Mitte des 19. Jahrhunderts alle Kommunen zur Gründung von Gemeindebibliotheken aufgerufen.
In Freiberg ist das bis 1876 nicht verwirklicht worden, obwohl eine wissenschaftliche Ratsbibliothek bestand, die zu einer „Allgemeinbildenden Öffentlichen Stadtbibliothek“ hätte ausgebaut werden können. Doch die Verwirklichung solcher Gedanken stieß auf den hartnäckigen Widerstand und die Interessenlosigkeit der Freiberger Ratsherren. Man vertrat die Meinung, dass die Angebote der privaten Leihbibliotheken den Ansprüchen der lesenden Bevölkerung vollkommen genügten.
Die „Volksbibliothek“ für die Stadt Freiberg entstand 1876 indirekt durch Initiative der Freiberger Freimaurerloge. Die von der Logenkonferenz 1875 für die Leitung der geplanten Volksbibliothek gewählten Mitglieder waren führende Männer des öffentlichen Lebens der Stadt – deshalb begrüßte der Stadtrat das Vorhaben der Loge und stellte auf Antrag den erforderlichen Raum für die Bibliothek zur Verfügung (1 Zimmer der Knabenbürgerschule). Der Bestand betrug nach 1 Jahr etwa 1000 Bände. Ein Vertrag über die gemeinsame Verwaltung der Volksbibliothek zwischen Freimaurerloge und Vertretern des Stadtrates regelte die wichtigsten Fragen zum Betrieb der Bibliothek, u.a. auch die unentgeltliche Ausleihe der Bücher. 1892 wurde ein weiterer Vertrag zwischen der Stadtgemeinde und der Freimaurerloge über die Übernahme der Freiberger Volksbibliothek unterzeichnet. Damit ist die Bibliothek erst seit 1892 eine echte Stadtbibliothek.
Die Bibliothek musste dann mehrmals umziehen: 1906 in das vormals Kraft’sche Haus in der Waisenhausstraße. 1915 in das Obergeschoss des alten Petri-Diakonats Petriplatz 5. 1920 beschloss der Stadtrat die Unterbringung der Volksbücherei im 2. Obergeschoss des Städtischen Kaufhauses. Im gleichen Jahr empfiehlt der Stadtrat die Volksbücherei künftig Stadtbücherei zu nennen, als äußeren Hinweis darauf, dass die Bibliothek städtisch ist.
Turbulente Kriegsjahre
Wechselvoll ist die Geschichte des Bestandes zwischen 1933 und 1946. Wurden zunächst die Werke jüdischer, pazifistischer und antifaschistischer Autoren als ungeeignet entfernt, säuberte man nach dem Ende der faschistischen Herrschaft den Bestand von faschistischer und militaristischer Literatur. Bereits am 15. Januar 1946 wurde die „Städtische Bücherei“ im Ratskeller wieder eröffnet.
Bildung für die Kinder
1952 wurde eine Abteilung Kinderbücherei eingerichtet. Mehrere Zweigbibliotheken im Stadtgebiet und in den Schulen trugen dazu bei, eine gute Versorgung der Einwohner Freibergs mit Literatur zu gewährleisten.
1955 wurde die Kinderbibliothek dem „Haus der Jungen Pioniere“ übergeben und so vorübergehend von der Städtischen Bücherei getrennt. Seit 1972 steht sie allerdings wieder unter städtischer Verwaltung.
1955 wurde die Einrichtung Kreisbibliothek und damit Leiteinrichtung für die damals 36 Gemeindebibliotheken des Landkreises. Heute betreut die Stadtbibliothek Freiberg noch 13 bestehende Gemeindebibliotheken.
1959 wurde die Ausleihe der Städtischen Bücherei von der Thekenausleihe auf das Freihandprinzip umgestellt, das heißt: Der Leser konnte nun selbst am Regal auswählen.
Neue Zeiten brechen an
Nach der politischen Wende 1989/90 wurden die Bestände der Schulbibliotheken den betreffenden Schulen übereignet und die Bibliotheken in die Regie der Schulen übergeben.
Die Kreisbibliothek arbeitet seit 1990 unter der Regie des Landratsamtes. Auf der Grundlage eines Vertrages zwischen der Stadt Freiberg und der Landkreisverwaltung nimmt diese Aufgabe weiterhin die Stadtbibliothek Freiberg wahr. Sie betreut heute insgesamt 14 Gemeindebibliotheken.
Mit der Sanierung des historischen Kornhauses und der damit verbundenen Schaffung neuer, modern eingerichteter Räume für die Stadtbibliothek, wurde endlich ein lang gehegter Wunsch Realität. Die Stadtbibliothek kann seit September 2015 erstmals die Medien für alle Nutzergruppen unter einem Dach anbieten - in zentraler Lage und mit barrierefreiem Zugang.